Galliumoxid-Leistungstransistoren

Die Anforderungen an höhere Spannungsfestigkeiten von elektronischen Bauteilen in der Leistungselektronik steigen. Daher befassen wir uns intensiv mit neuen Halbleitermaterialien, die aufgrund ihrer Materialeigenschaften ein hohes Potential besitzen diesen Anforderungen gerecht zu werden. Der vielversprechende Halbleiter Galliumoxid (β-Ga2O3) zeichnet sich durch eine sehr weite Bandlücke von etwa 4,8 eV aus, woraus sich eine hohe Durchschlagfestigkeit mit Werten weit über denen von Galliumnitrid oder Siliziumcarbid ableiten lässt. Das eröffnet sich die Möglichkeit, den Gate/Drain-Abstand im Transistor signifikant zu reduzieren, wodurch Halbleiterschalter noch kompakter und effizienter hergestellt werden können.

Vollständig prozessierter 10 mm x 10 mm Galliumoxid-Wafer

Wir forschen daher seit einigen Jahren in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Kristallzüchtung an der Entwicklung und Prozessierung von lateralen und vertikalen Leistungsschalttransistoren auf der Basis von β-Ga2O3.

Laterale Bauelemente

Durch Optimierungen seitens des Schichtwachstums und der Bauteilprozessierung hinsichtlich der Gate-Topologie konnten in bisherigen Untersuchungen Transistoren hergestellt werden, die sich durch eine hohe Durchbruchfestigkeit von bis zu 2,5 MV/cm auszeichnen. Zudem wurden Durchbruchspannungen von 1,8 kV erreicht, wodurch sich eine hohe Leistungsdichte von 155 MW/cm² errechnet.

Galliumoxid-Schalttransistor mit einer Gateweite von 10 mm

In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin wurden zudem die dynamischen Eigenschaften im Betrieb bei einer Drainspannung von 300 V und einem Drainstrom von 300 mA näher untersucht. Dabei wurden schnelle und reproduzierbare Schaltvorgänge mit Schaltgeschwindigkeiten von 65 V/ns gemessen – und so eine wesentliche Voraussetzung nachgewiesen, um künftig noch effizientere Leistungsschalttransistoren auf der Basis von β-Ga2O3 herzustellen.

Vertikale Baulemente

Bauelemente in einer vertikalen Struktur bieten große Vorteile, um das Potential von β-Ga2O3 mit seiner hohen Durchbruchfeldstärke besser ausnutzen zu können. Durch die ideale Trennung der hohen Potentiale auf Ober- und Unterseite des Wafers durch die epitaktisch gewachsene Driftzone ist das Bauelement wesentlich unempfindlicher gegenüber Oberflächeneffekte. Dadurch können Spannungen im Bereich oberhalb von 1 kV zuverlässig geschaltet werden. Zudem kann die Chipfläche optimaler ausgenutzt werden, wodurch sich ein bedeutendes Skalierungspotential ergibt.

Schematischer Querschnitt der in Entwicklung befindlichen vertikalen FinFET-Struktur
In Galliumoxid trockengeätzte Finnen-Strukturen mit einer Breite von 200 nm und einer Höhe von 1 µm bei einem Pitch von 1.2 µm mit nahezu vertikalen Seitenwänden

Die Anforderungen an das Material sowie die Prozesstechnik sind jedoch andere als bei der lateralen Bauweise. So werden beispielsweise leitfähige Substrate benötigt, auf denen Schichtdicken von mehreren Mikrometern zur Realisierung einer niedrig-dotierten Driftzone epitaktisch aufgewachsen werden müssen.

In Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Kristallzüchtung befasst sich das FBH innerhalb des vom BMBF geförderten Projektes GoNext sowie des Leibniz-WissenschaftsCampus GraFOx intensiv mit der Realisierung von vertikalen FinFETs auf der Basis des Halbleitermaterials β-Ga2O3. Bei diesem Bauelement wird eine effektive Ansteuerung maßgeblich durch die Breite der jeweiligen Finnen-Strukturen bestimmt, wodurch der Einsatz von Elektronenstrahl-Lithografie zum Erzeugen von Strukturen im Sub-Mikrometerbereich zwingend erforderlich ist. Mittels trockenchemischer Ätzverfahren können Finnen-Strukturen mit einer hohen Flankensteilheit bei einer Breite von 200 nm und einer Höhe von 1 µm erzeugt werden. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um vertikale FinFETs zu realisieren. Ziel des Projektes ist es, einen selbstsperrenden vertikalen Ga2O3-FinFET mit einer Durchbruchspannung von 2 kV sowie einem Einschaltwiderstand von maximal 10 mΩ/cm2 herzustellen.