Fortschritte bei On-Wafer-Messungen im W-Band
Bei der Erforschung und Entwicklung von integrierten Schaltungen ist es notwendig, diese vor der Vereinzelung auf dem Wafer zu vermessen. Die Vermessung elektronischer Schaltungen wird mit Messspitzen (Probes) durchgeführt, die zu parasitären Effekten führen, die wiederum das Messergebnis verfälschen. Um diese unerwünschten Anteile aus dem Ergebnis zu entfernen, arbeitet das FBH daher gemeinsam mit Partnern, dem amerikanischen Metrologie-Institut NIST und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), an der Verfeinerung der Korrekturalgorithmen für die Kalibrierung im Höchstfrequenzbereich.
Abb. 1 zeigt Antastflächen für die Messspitzen am Beispiel einer einfachen Koplanarschaltung als Testobjekt. Diese Antast-Pads sowie die Messspitzen selbst verursachen zusätzliche Effekte wie elektromagnetischen Verkopplungen, die mit steigender Frequenz teilweise erheblich zunehmen. Um diese zu kompensieren, wird eine Kalibrierung durchgeführt. Sie korrigiert das Messergebnis einer Schaltung (Device Under Test = DUT) unter anderem um den Anteil, der den parasitären Effekten durch die Messspitzen zugeschrieben wird. Der Algorithmus dieser Kalibrierung benötigt dazu wiederum die Messergebnisse einer Reihe von Testschaltungen (Leitungen unterschiedlicher Länge und Abschlüsse), die in der gleichen Technologie und Messumgebung aufgenommen werden müssen und damit die parasitären Einflüsse indirekt enthalten. Diese Korrektur basiert aber auf bestimmten weiteren Annahmen. So sollte die direkte Umgebung um die Antastfläche der Messspitze bei allen zu messenden Strukturen gleich aussehen (Nachbarschaltungen im Bereich des Probes, seitliche Ausdehnung der Schaltung). Des Weiteren setzt dieser Algorithmus die Ausbreitung einer einzigen Mode voraus, was durch die verschiedenen Koppeleffekte in andere Moden nicht notwendigerweise gewährleistet ist.
Darüber hinaus zeigen wiederholte Messungen weitere Abweichungen zu den vorhergehenden Messungen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Die Abweichungen können durch Messgeräte oder die Messumgebung (Auflage) auftreten. Auch die mechanische Positionierung (Lage, Andruckwinkel) kann unterschiedlich sein. Die Konsequenz aus diesen Einflüssen ist eine Zunahme der Fehlerabweichungen mit zunehmender Frequenz und bei fehlerhafter Kalibration.
Ziel der gemeinsamen Forschungsaktivitäten an FBH, NIST und PTB ist es, die parasitären Effekte zu identifizieren und den Korrekturalgorithmus zu verbessern. Untersuchungen dienten dazu, die parasitären Effekte und die Abstrahlungseigenschaften zu bestimmen und zu verstehen. Ausführliche elektromagnetische Simulationen wurden durchgeführt unter Berücksichtigung des detailgetreuen Aufbaus der Messspitzen. Die Ergebnisse dieser Simulationen wiesen eine sehr gute Übereinstimmung mit den Messergebnissen auf.
Durch Analyse der elektromagnetischen Felder konnten die auftretenden Phänomene erfasst werden, nämlich die Arten der Kopplungen und Abstrahlungen, die bei einer Messung auftreten (Abb. 2). Derzeit können viele dieser Effekte reproduziert und erklärt werden, eine vollständige quantitative Beschreibung steht jedoch noch aus. Eine solche könnte dann in den Kalibrieralgorithmus eingebaut werden. Dazu gilt es, offene Fragen zu klären, z.B. inwieweit (also mit welcher Genauigkeit) sich die Situation für unterschiedliche Schaltungen (DUT’s) darstellt und bis zu welchem Grad unvermeidliche Ungenauigkeiten die korrigierten Messdaten verschlechtern.
Publikation:
D.F. Williams, F.-J. Schmückle, R. Doerner, G. N. Phung, U. Arz, W. Heinrich, "Crosstalk Corrections for Coplanar-Waveguide Scattering-Parameter Calibrations", IEEE Transactions on MTT, accepted for publication (2014).
FBH-Forschung: 01.07.2014